Seit über dreißig Jahren arbeitet Horst Keining stetig an immer neuen Serien seiner Malerei, die in der Überschau eine überraschende Vielfalt und Vielseitigkeit zu Tage treten lassen. Dabei befragt Keining in seinen Arbeiten mit geradezu philosophischem Tiefsinn Möglichkeiten und Grenzen des Mediums Bild und trägt damit einen gewichtigen Beitrag zur "Bilderfrage in der Moderne" bei. Diesem künstlerischen Reichtum wollen wir mit einer Ausstellung Rechnung tragen und neuere Gemälde Horst Keinings präsentieren, die in Spraytechnik geschaffen wurden. Dabei gewinnt Keining den Sprayfarben, oft als Graffiti Ausdruck einer bestimmten Jugendkultur, überraschende malerische Qualitäten ab. Die fein vernebelte Farbe bildet einen sich auf dem Leinwandträger niederschlagenden Schleier, der alle Bildelemente eng miteinander verwebt und eine Faktur wie Pinselstriche unerkennbar bleiben lässt. Ein alter Traum der Kunst der Moderne, das ungemalte, wie von selbst erscheinende Bild, klingt in diesen Bildern an. Dieser scheinbaren Objektivität setzt Keining seine höchst eigenwillige subjektive Farb- und Formansprache entgegen. Das rapportierende Ornament eines Hahnentrittmusters wird überlager von Schriftzeilen, die, nur schwer lesbar, den Zeilenverlauf des Musters bestätigen. Letztlich entsteht die Erkenntnis, dass die einzelnen Elemente, Muster und Schriften sich nicht sinnvoll voneinander trennen lassen, sondern ihr Zugleich ein gegebenes und zu akzeptierendes Phänomen ist. Begriffliche Trennungen sind kulturelle. Keining trägt somit der immer komplexer werdenden visuellen Gegenwart, der Flut der Bilder in der modernen Welt, auf seine Weise Rechnung. Dem Disparaten wird im Kunstwerk Einheit und Wert verliehen.
Zur Ausstellung ist der reich bebilderte Katalog HORST KEINING VIEW mit einem Interview und Beiträgen von Markus Lepper, Daniel Spanke und Beate Reifenscheid erschienen.